Wanze, Stuhl und Lampe-2. Konstellation, 2022
Wanze, Stuhl und Lampebeschäftigt sich mit dem Insektensterben und der ambivalentenBeziehung von Mensch und Insekt. Um diese Beziehung erfahrbar zu machen, wird sie aufeinen Versuch aus nächster Nähe reduziert. In dessen Zentrum stehen zwei von Pflanzeneingewachsene IKEA-Stühle, die u. a. Wanzen und Ohrwürmern als Habitat dienen. Diesesbelebte Objekt wurde Teil von Sascha Jungbauers Alltag. Seine künstlerische Forschung unddas Zusammenleben mit den Insekten hat er umfangreich in Bild-und Tonmaterialdokumentiert und schließlich in eine Videoarbeit überführt. Die Dokumentation geht über einerein distanzierte Beobachtung einer Spezies durch ein Medium hinaus, da der Künstler in einesoziale Interaktion mit dieser tritt und somit Teil der Untersuchung wird.Durch die direkteGegenüberstellung von menschlichen und insektoiden Habitaten werdendiverse Reflexionsanreize gegeben. Zum Einen ist das Problem des Insektensterbens demAlltag der städtischen Bevölkerung entrückt und wird durch das Kunstwerk in denmenschlichen Lebensraum getragen und in eine direkte körperliche Erfahrung verwandelt.Zum Anderen entziehen sich Insekten, aufgrund des Größenunterschieds und ihrer Existenzin anderen zeitlichen Dimensionen, der menschlichen Wahrnehmung. Außerdem fehlt ihnenscheinbar jeglicher emotionaler Ausdruck. Das wirft die Frage auf, ob wir Menschengegenüber einem so fremden Wesen überhaupt Empathie entwickeln können und ob wir dasAndere akzeptieren können, vielleicht sogar dessen Advocat werden, auch wenn es unserenkonzeptionellenRahmen sprengt. Die Arbeit lotet die Ambivalenz und Komplexität diesesVerhältnisses mit dem radikal Anderen aus nächster Nähe aus.
Das Projekt wurde gefördert durch ein Stipendium des Ministeriums fürWissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg.
Sascha Jungbauer, 1982 in Limburg geboren, lebt und arbeitet als freier Künstler in Karlsruhe. Sein aktuelles Werk beschäftigt sich mit dem Artensterben und die Beziehung des modernen Menschen zum Insekt.